Ablauf der Schadenregulierung in der Cyberversicherung

Cyber-Angriffe und Datenschutzverletzungen nehmen rasant zu und können für Unternehmen erhebliche finanzielle und operative Konsequenzen bedeuten. Eine Cyberversicherung leistet in solchen Fällen Hilfe – doch wie genau läuft die Schadenregulierung ab?

Da Cyberversicherungen ein vergleichsweise junges Produkt sind, gibt es in der Praxis noch viele offene Fragen zur Schadenabwicklung. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den typischen Ablauf der Schadenregulierung in der Cyberversicherung und bietet wertvolle Tipps, um eine reibungslose Abwicklung durch den Versicherer sicherzustellen.

Cyberversicherung: Wie läuft die Schadenregulierung ab?

 

Schritt 1: Schadensmeldung beim Versicherer

Die Meldung des Schadens bei der Versicherung ist der erste Schritt zu einer erfolgreichen Cyber-Schadenregulierung. Wird ein IT-Vorfall als tatsächlicher Sicherheitsvorfall erkannt, sollten Unternehmen ihre Cyberversicherung sofort darüber in Kenntnis setzen. Hier sind die wichtigsten Aspekte, die Unternehmen dabei beachten sollten.

  • Sofortige Meldung des Vorfalls bei der Cyberversicherung (über Krisen-Hotline, Online-Formular oder Sonstiges)
  • Vollständige Übermittlung aller relevanten Informationen (Art des Vorfalls und Zeitpunkt des Eintretens, betroffene Systeme, eingeleitete Maßnahmen etc.)
  • Einschalten des Incident-Response-Dienstleisters (je nach Art des Vorfalls und in Rücksprache mit dem Versicherer)
  • Sicherung digitaler Beweise wie Log-Dateien, E-Mails, Screenshots, System-Protokolle, Datenträger etc.

 

Tipp: Hängen Sie eine IT-Notfallkarte im Betrieb auf und tragen Sie die Nummer der Krisenhotline Ihres Versicherers ein.

 

Schritt 2: Prüfung des Vorfalls

Unmittelbar nach der Schadensmeldung beginnt der Versicherer mit der internen Schadensprüfung. Ziel der Prüfung ist es festzustellen, ob für den gemeldeten Schaden grundsätzlich Versicherungsschutz besteht. Dazu prüft der Versicherer unter anderem die folgenden Aspekte.

  • Kausalitätsprüfung, um die genaue Ursache des gemeldeten Vorfalls zu ermitteln
  • Erste Einschätzung des Incident-Response-Dienstleisters zwecks besserer Einordnung des Vorfalls
  • Prüfung der Versicherungsbedingungen, um festzustellen, ob Auslöser und Art des Cyber-Vorfalls versichert sind und in welchem Umfang
  • Überprüfung möglicher Ausschlüsse (z. B. Fahrlässigkeit oder Vertragsverstöße)
Preview

Soforthilfe und Prävention von Cyber-Angriffen

Ihr Unternehmen wurde Opfer eines Cyber-Angriffs oder Sie wollen sich besser gegen Cyber-Gefahren schützen? Unsere Schwestergesellschaft RapidResponse unterstützt sie mit erfahrenen Experten bei allen Fragen rund um das Thema Cyber-Sicherheit.  

Schritt 3: Schadensermittlung und -bewertung

Nach der initialen Prüfung des Vorfalls führt der Versicherer eine detaillierte Schadensbewertung durch, um den Umfang und die Höhe des Schadens zu ermitteln und die Kostenübernahme in die Wege zu leiten. Bei der Schadensermittlung kommen verschiedene Methoden zum Einsatz.

  • Einbindung von IT-Forensikern, Rechtsberatern oder Krisenmanagern
  • Forensischer Bericht als zentraler Orientierungspunkt
  • Ermittlung der Schadenhöhe (z. B. IT-Wiederherstellungskosten, Datenverlust, Betriebsunterbrechung, Haftungsansprüche, Rufschädigung etc.)
  • Bei Kostenfaktoren wie Betriebsunterbrechung Entsendung eines separaten Gutachters zur Ermittlung des tatsächlichen Schadens

 

Schritt 4: Schadenregulierung

Im engeren Sinne bezeichnet Schadenregulierung die abschließende Entscheidung des Versicherers über seine Leistungspflicht für einen konkreten Schaden gegenüber dem Versicherungsnehmer.

  • Festlegung, ob und in welchem Umfang der Versicherer zahlt
  • Ablehnung der Schadensübernahme, falls Ausschlussgründe vorliegen
  • Zurückweisung von unberechtigten Forderungen
Gut zu wissen:

Bei der Kostenübernahme für den Incident-Response-Dienstleister ist zwischen den direkten Kosten zur Beseitigung des Schadens und den Kosten für zusätzliche Dienstleistungen wie Beratung oder Implementierung zusätzlicher IT-Sicherheitsmaßnahmen nach dem Vorfall zu unterscheiden. Letztere fallen in der Regel nicht in den Leistungsumfang der Cyberversicherung.

Schritt 5: Auszahlung und Nachbereitung

Sofern keine Ausschlüsse oder andere Gründe vorliegen, die eine Leistungspflicht des Versicherers ausschließen, wird die vereinbarte Summe entweder an den Versicherungsnehmer oder direkt an den Geschädigten ausgezahlt.

  • Entscheidung über direkte Kostenübernahme oder Entschädigungszahlung
  • Überweisung des Betrags, der aufgrund des Schadensanspruchs festgelegt wurde, auf das Konto des Versicherungsnehmers und/oder an entsprechende zu entschädigende Parteien
  • Abschließende Analyse des Vorfalls und Beratung zur Verbesserung der Sicherheitsvorkehrungen, um zukünftige Schäden zu vermeiden
Gut zu wissen:

Die Kostenübernahme für den Incident-Response-Dienstleister erfolgt abhängig von der individuellen Cyber-Police. Während manche Versicherer die Kosten direkt mit dem Dienstleister abrechnen, muss das Unternehmen bei anderen Versicherern zunächst in Vorleistung gehen und bekommt die Kosten nach Abschluss der Schadenregulierung erstattet.

Cyber-Schadenregulierung: Notwendige Dokumentation und Nachweise

Um eine schnelle und reibungslose Schadenabwicklung zu gewährleisten, ist eine sorgfältige und umfangreiche Dokumentation des Vorfalls unerlässlich. Das gilt nicht nur zu Beginn der Schadenregulierung bei Cyber-Angriffen, sondern auch in allen nachfolgenden Phasen der Incident Response. 

Eine detaillierte Dokumentation des Vorfalls erleichtert die Prüfung des Versicherers und stellt sicher, dass das Unternehmen seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Vorfalls nachkommt. Hier ist eine Übersicht der Informationen, die Unternehmen in jedem Fall dokumentieren sollten.

  • Datum und Uhrzeit des Vorfalls
  • Zeitpunkt, zu dem der Cyber-Angriff oder die Sicherheitsverletzung entdeckt wurde
  • Auffälligkeiten, die zur Entdeckung des Vorfalls geführt haben (z. B. Systemverlangsamung, unbefugte Zugriffe, veränderte Dateien, etc.)
  • Betroffene Server, Netzwerke, Anwendungen oder Datenbanken
  • Art des Angriffs (MalwareRansomwareDDoS-Angriff, etc.)
  • Angriffsvektor, über den die Angreifer eingedrungen sind (z. B. Phishing-Mail oder Zero-Day-Exploit)
  • Ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Angriffs (z. B. Trennung betroffener Systeme vom Netzwerk, Deaktivierung von Benutzerkonten, etc.)
  • Gesicherte Beweise, um den entstandenen Schaden zu belegen (z. B. Log-Dateien, verdächtige E-Mails, Screenshots von Fehlermeldungen oder Erpressernachrichten, System- und Netzwerkprotokolle, etc.)

Tipps für eine erfolgreiche Cyber-Schadenregulierung

Je schneller und kooperativer das betroffene Unternehmen im Schadensfall reagiert, desto schneller und reibungsloser läuft die Schadenregulierung durch die Versicherung. Hier sind ein paar praktische Tipps.

ico

Risikofragen sorgfältig beantworten:

Um zu gewährleisten, dass die Versicherung im Schadensfall greift, müssen Unternehmen darauf achten, die Risikofragen des Versicherers vor Vertragsabschluss vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten.

ico

Notfallnummer notieren:

Die Notfall-Hotline des Versicherers sollte direkt zugänglich aufbewahrt werden, damit im Ernstfall keine Zeit mit dem Durchsuchen der Versicherungspolice verschwendet wird.

ico

Kooperativ sein:

Ein kooperatives und transparentes Vorgehen gegenüber dem Versicherer ist essenziell. Alle relevanten Informationen und Unterlagen sollten vollständig und zeitnah bereitgestellt werden.

ico

Rücksprache halten:

Vor der Beauftragung externer Dienstleister sollte geklärt werden, welche Kosten von der Cyberversicherung übernommen werden. Eine gute Kommunikation mit dem Versicherer verhindert, dass das betroffene Unternehmen später auf seinen Kosten sitzen bleibt.

ico

Vertragliche Pflichten beachten:

Mit dem Abschluss einer Cyber-Police gehen Unternehmen verschiedene vertragliche Pflichten ein, darunter eine Mitwirkungs- und Auskunftspflicht sowie eine Schadenminderungspflicht im Falle eines Cyber-Vorfalls.

ico

Versicherungsbedingungen vorab prüfen:

Sich vor dem Ernstfall mit den Versicherungsbedingungen vertraut zu machen, reduziert den Kommunikationsaufwand im Schadensfall und hilft dabei, Aspekte wie Schadenregulierung, Incident-Response-Unterstützung und Kostenübernahme für externe Dienstleister bereits bei der Auswahl der Cyberversicherung zu berücksichtigen.

ico

Unterstützung beim Makler:

Unternehmen, die ihre Cyberversicherung über einen Makler abgeschlossen haben, können diesen im Schadensfall zur Unterstützung hinzuziehen und von dessen Know-how und Erfahrung profitieren. 

Effektive Prävention vermeidet eine aufwendige Schadenregulierung in der Cyberversicherung

Aufgrund der Komplexität von Cyber-Angriffen und der daraus resultierenden Schäden kann der Prozess der Cyber-Schadenregulierung recht langwierig und kompliziert sein. Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten Unternehmen in ihre IT-Sicherheit investieren und sowohl technische als auch organisatorische Präventionsmaßnahmen ergreifen, um sich bestmöglich gegen Cyber-Bedrohungen zu schützen. Dazu gehören unter anderem:

  • Firewall und Intrusion-Detection-Systeme
  • Endpoint-Security-Lösungen
  • Antivirenprogramme
  • Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA)
  • Regelmäßige Software-Updates und Patch-Management
  • Sichere Backups
  • Netzwerksegmentierung
  • Security-Awareness-Schulungen für Mitarbeitende
  • Phishing- und E-Mail-Schutz
  • Incident-Response-Plan
  • Zugriffskontrollen und Berechtigungsmanagement

Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und ist nicht als Beratung zu verstehen. Die CyberDirekt GmbH lehnt jegliche Haftung für Handlungen ab, die Sie aufgrund der in diesem Artikel enthaltenen Inhalte vornehmen oder unterlassen.

 

SOS